ERKLÄRUNGEN ZU DEN BEGRIFFEN AUS DEN RÖDINGER ERBUNGSBÜCHERN
Ehe ich den Bericht über die restlichen Gehöfte und Gebäude (jüngeren Datums) fortsetze, folgen Informationen über uns ungeläufige Zusatz-Bedingungen bei Landkäufen. Erläuterungen zu früheren Maßeinheiten schließen sich an.
In der Zeit, da unsere Heimat dem Herzogtum zugehörte, wurden alle Verkäufe von Haus und Boden, die getätigt wurden, fein säuberlich aufgezeichnet. Diese Niederschriften besorgte der Gerichtsschreiber eines jeden Dingstuhls (für uns war Rödingen zuständig) an bestimmten Tagen in Gegenwart des Vogts oder wenigstens einiger Schöffen, deren Zahl sich bei jedem Dingstuhl auf sieben belief. Käufer und Verkäufer mußten vor ihnen erscheinen, um mündlich ihren Willen kundzutun. Vor diesen Eintragungen wurde stets die gleiche Form gebraucht. Zuerst werden Verkäufer und Käufer, dann das zur Veräußerung kommende Objekt nach Lage und Nachbarn und zuletzt der Kaufpreis in einer bestimmten Münzsorte genannt. Als Nebenangaben werden noch Weinkauf und Gottesheller festgesetzt.
Der Weinkauf wird meistens als "ländlich" gebräuchlich angegeben; es war anfangs eine Auslage für eine Stärkung der Beteiligten nach dem abgeschlossenen Kaufvertrag, die aber durchaus nicht immer in Wein zu bestehen brauchte, wenn sie auch von ihm den Namen herleitete.
"Der Gottesheller" fiel an die Kirche als eine Entschädigung dafür, daß der Gerichtsbote nach dem Gottesdienst an den beiden folgenden Sonntagen nach dem Verkauf den Besitzwechsel der Öffentlichkeit bekannt machte. Als weitere Nebenabgabe kam das "Armengeld" hinzu, das in den einzelnen Verträgen nicht immer besonders genannt wurde. Es bestand in einem bestimmten Prozentsatz der Kaufsumme; diese Abgabe floß, wie der Name sagt, den Ortsarmen zu.
Auch damals waren Haus und Acker mit mancherlei Steuern und Abgaben belastet. Der Landesherr erhob für sich und seine Bedürfnisse von sehr vielen Ländereien von altersher den "Schatz". Der Schatz wurde von der großen Masse der Untertanen getragen, während die Güter der Geistlichkeit und der Ritter von dieser Abgabe frei waren. Er wurde an zwei Terminen, als Mai- und als Herbstschatz eingeholt. Einige Grundstücke waren aus alter Zeit her noch mit dem "Zehnten" belastet; zur Erntezeit wurde auf dem Felde die zehnte Garbe oder der zehnte Teil des Ertrages durch den Zehntgänger für die Kirche abgesondert und in die Zehntscheuer (Scheune für diese Ernteabgaben) gefahren.
Von anderen Ländereien mußte aus alten Verpflichtungen heraus als jährliche Abgabe eine "Erbpacht" in Naturalien entrichtet werden, die eine weitere Belastung darstellt. Auch finden sich Beschwerungen eines Grundstückes durch "besondere Dienstleistung", z.B. die Verpflichtung der Gestellung eines Glöckners beim Wetterläuten. Alle diese Verpflichtungen, soweit das verkaufte Objekt damit belegt war, wurden ebenfalls beim Kaufakt vor dem Dingstuhl mit eingetragen. Da alle Eintragungen aber nur auf Grund der mündlichen Angaben des Verkäufers geschahen, konnten mit oder ohne Absicht leicht Irrtümer über den Eigentümer oder über die Belastungen des zum Verkaufe kommenden Grundstücks entstehen. Deshalb geschah jede Erbung "mit Vorbehalt Ihro Churfürstlichen Durchlaucht und jedermann seines Rechtens".
"Die Erbungsbücher, (so schreibt Werner Reinartz weiter) in denen diese Kaufverträge aufgezeichnet wurden, bieten mit den vielen aufgezählten Familiennamen, mit den zahlreichen alten Flurbezeichnungen und mit der Darstellung mancher zeit- und kulturgeschichtlichen Momente ein reiches Material zur Heimatgeschichte wie auch zur Familienforschung, letzteres auch manchmal für eine Zeit, in der die alten Kirchenbücher versagen".

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