GESCHICHTE DER KALRATHER SCHULE VON 1946 BIS 26.7.1967

Die Schulchronik aus der Zeit von 1900-1945 ist mit dem Schulschrank samt Inhaltes während des 2. Weltkrieges verschwunden. Von noch lebenden Bürgern unseres Ortes wurde mir die Führung einer schriftlichen Fixierung der Schulereignisse zumindest von den Lehrern H. Tichlers und W. Redner bestätigt. Für die 21-jährige Schulgeschichte von 1946-1967 stehen mir die Niederschriften der derzeitigen Lehrpersonen zur Verfügung.
Also beginne ich mit dem Jahre 1946. Das Schulgebäude befand sich nach der Beschreibung von Herrn Lehrer Fussen in trostlosem Zustand: ohne Dachziegel und Fensterscheiben, herunterhängende Tapeten und Dachrinnen, Schmutz, Lehm, Kalk und Steine auf den Fußböden, Einschüsse in Türen und Fensterläden. Notdürftig wurde alles in Ordnung gebracht und im Januar Klassenzimmer in die Notkriche eingerichtet. Am 6.2.1946 beginnt der Unterricht wie in ganz Deutschland mit den primitivsten Mitteln. Aus der Spieler Schule wurden 2 Tafeln entliehen und Stücke einer Gipsfigur ersetzten die fehlende Kreide. Den Kindern standen zunächst nur die Ränder der Tageszeitungen zum Beschreiben zur Verfügung. Die Militärregierung hatte für das Heizen des Schulraumes zunächst genügend Briketts zur Verfügung gestellt, das ganze Jahr über blieb der Schulraum im Unstand. Ein langanhaltender Winter 1946/47 ließ das Heizmaterial (1 Ztr. Briketts pro Monat) so knapp werden, daß die Kinder von Januar bis März mit Mänteln und Handschuhen in der Schule saßen. Eine seit 16.11.1946 beim Kultusminister beantragte Schulspeisung wurde erst mit je 1/2 l warme Suppe pro Kind am 25.9.1947 genehmigt.
Am 15.4.1947 beträgt die Schülerzahl 37. Als besonders herausragendes Schulereignis gilt die Fahrt auf einem zur Verfügung gestellten LKW am 2o.5.1947 nach Aachen, wo man zunächst den Aachener Dom besichtigte. Im Kloster am Lindenplatz wurden 60 l von Kalrathern gestiftete Erbsensuppe aufgewärmt. Zum Abschluß besuchte man den Zirkus Williams.
Die langanhaltende Dürreperiode (fast 3 Monate) im kommenden Sommer veranlaßte die Schulbehörde, die Ernteferien von Oktober auf die Zeit vom 8.-22.9.1947 vorzuverlegen. Während dieser Ferien wurde der Schulsaal renoviert. Für den Anstrich des Klassenraumes hatten die Schulkinder eine Haussammlung durchgeführt, und das Amt Titz hatte dazu die notwendige Mittel zur Verfügung gestellt.
An der von den Kölner Redemptoristenpatres Servos und Oligschläger durchgeführten Volksmission (27.11.-7.12.1947) beteiligten sich die Schulkinder rege. Besonders hervorgehoben wird vom Chronisten eine von allen begrüßte Weihnachtsgabe an Schul- und Kleinkinder von 3-6 Jahren: Schokolade, Süß- und Nährstangen, Kakao, Kekse und Fleischkonserven.
Die organisierte Schulspeisung wurde Ende Dezember 1950 eingestellt. So manchem mag beim Lesen der letzten Sätze die Erinnerung an längst aus dem Bewußtsein verdrängte Zeiten wieder wach werden. Nachdem im September 1947 der Klassenraum einigermaßen hergestellt worden war, erfolgte nach Bereitstellung von Geldmitteln seitens des Kultusministeriums eine gründliche Reparatur des Daches und die Erneuerung der Fensterrahmen. Ebenso erhielt die Schule wieder einen großen Teil von Lehr- und Lernmitteln.
Im Okt. 1953 wurden 4 Räume der Lehrerwohnung instandgesetzt, im August 1954 folgte ein neuer Putz der Vorderfront, der Schulhof wurde in Richtung Garten um 5 m erweitert und mit einer 1.50m hohen Mauer abgegrenzt. Die Toiletten wurden nach Mädchen- und Knabentoiletten getrennt. Bis zum 18.12.1954 zog sich die Renovierung der Lehrerwohnung hin. Anschließend wurden 5 Wagen Schutt aus dem Garten zur Sandgrube abtransportiert. Das Dach hielt dann 3 Tage später dem nächtlichen Unwetter nicht stand. Der Speicher füllte sich mit Wassermassen, dieses bewirkte die Lösung der darunter befindlichen Lehmdecke und ergoß sich dann in die frisch renovierte Lehrerwohnung (als Augenzeugin kann ich diesen Bericht nur bestätigen). Ende Februar 1955 erhielt dann das Gebäude ein neues Dach. Der Fußboden des Schulraumes war schon am 5.1.1955 durch einen neuen Holzfußboden ersetzt worden. In den Osterferien 1957 erhielt der Klassenraum einen neuen Anstrich. Bis zum 13.8.1959 trat keinerlei Veränderung im Schulraum ein. An dem eben erwähnten Tag erhielt die Schule als neue Schulmöbel 14 Tische, 28 Stühle, 1 Lehrertisch und 1 Stuhl. Im Sept. 1964 wurde die Lehrerwohnung bis auf ein Zimmer frei, das mein Vater bis zu seiner Pensionierung am 26.7.1967 bewohnte.
Wenn wir die uns zur Verfügung stehenden Schülerzahlen unserer einklassigen Schule aus den Jahren 1946-1967 mit den heutigen Klassenstärken vergleichen, können wir erst die Leistung und Kunst dieser Lehrpersonen bewundern, in pausenlosem Einsatz irgendeine Jahrgangsstufe unterrichtet zu haben. In der religiösen Unterweisung der evangelischen Kinder trat eine grundlegende Änderung ein: nach den großen Ferien 1950 wurde erstmalig für die evangelischen Kinder aus Ameln, Spiel und Kalrath in unserer Schule evangelische Religionslehre durch den Kirchhertener Pfarrer erteilt.
Der Handarbeitsunterricht wurde von 1950-1964 von den jeweiligen Ehefrauen der unterrichtenden Lehrpersonen erteilt, in den letzten 3 Jahren von Frl. Netti Latten, einer holländischen Lehrerin.
Eine regelmäßige Betreuung durch den Schulzahnarzt erfolgte ab 31.5.1951.
In Ermangelung eines eigenen Sportplatzes fanden Sportwettkämpfe gemeinsam mit den Nachbarschulen Ameln oder Opherten statt. Mit dem letzten Lehrer Alfons Sedlaczek hatte unser Dorf (wie so viele andere Dörfer) eine letzte Schulepoche angetreten. Abweichend von früheren Gepflogenheiten erhielt mein Vater als Lehrer einer einklassigen Schule die Ernennungsurkunde zum Hauptlehrer. Eine unterrichtliche Besonderheit gab es in den Wintermonaten: den ausfallenden Sportunterricht ersetzte er durch Schachturniere.
Erwähnenswert aus der Schulchronik sind die zahlreichen Preise, die die Kalrather Schule und einzelne Schüler beim "Mittel- und Ostdeutschen Schülerwettbewerb in den Jahren 1962-1967 errungen haben. Am 29.7.1967 wurde mit der Pensionierung des letzten Lehrers die Schulchronik beendet und die Kalrather Schüler in die Nachbarschule Rödingen umgeschult.

<<< zurück


webmaster: info@kalrath.de