KALRATH, ZEITWEISE "DEUTSCHER BAHNHOF"
Wie der Stempel der frz. Besatzungsmacht dokumentiert, gehörte Kalrath nach dem 1. Weltkrieg zur französischen Besatzungszone. Kirchherten dagen war von den Engländern besetzt. Nach dem Versailler Vertrag mußte Deutschland Wiedergutmachung leisten. Frankreich stellte immer wieder Nichteinhaltungen der Verträge von deutscher Seite fest und besetzt deshalb am 11. Januar 1923 das Ruhrgebiet. Am 13. Januar ruft die Reichsregierung (zu der Zeit waren Friedrich Ebert Reichspräsident und Wilhelm Cuno Reichskanzler) den "passiven Widerstand" aus, der darin bestand, daß niemand der frz. Besatzung gehorchen oder für sie arbeiten durfte. Weil die Deutsche Eisenbahn daraufhin in der frz. Besatzungszone ihren Betrieb einstellte, wurde sie von der Besatzung unter dem Namen "Regiebahn" übernommen. Viele Eisenbahnbeamte wurden wegen Verweigerung des Dienstes aus dem besetzten Gebiet ausgewiesen und durch französische Eisenbahner ersetzt. Den Deutschen war es verboten, mit der "Regiebahn", die im Reg. Bez. Aachen in Ameln endete, zu fahren. Man stieg auf Fuhrwerke und Autos als Fortbewegungsmittel um. Im Regierungsbezirk Köln (ab Kirchherten) ruhte weder die Arbeit noch der deutsche Eisenbahnbetrieb, weil die Engländer sich an der Ruhrgebietsaktion nicht beteiligt hatten. Die Bahn Bedurg-Ameln verkehrte aus den schon angeführten Gründen nicht bis Ameln, sondern nur bis Kirchherten. Kirchhertens Grenze reichte bis zur Kreuzung des Bahnkörpers mit der Straße Kalrath-Opherten. Ab März 1923 fuhr die "Deutsche Eisenbahn" bis zu dieser Kreuzung. Auf der südlichen Seite des Bahnkörpers (Kalrather Gebiet, Reg. Bez. Aachen, unter frz. Besatzung) wird als Bahnhof eine Holzbaracke errichtet, die während des Ruhrkampfes als einziger deutscher Bahnhof im Reg. Bez. Aachen gilt.
Natürlich kam man zu der Zeit von fern und nah zu diesem Bahnhof mit dem Namen "Hauptbahnhof Calrath". Bahnhofsvorsteher war damals der 32-jährige aus Kalrath stammende Jakob Schlösser (nach Angaben seiner Tochter K. Baum).
Gustav Stresemann wird am 13. August zum Reichskanzler ernannt, und der vom Reich finanzierte Generalstreik an der Ruhr läßt die deutsche Mark am 12.9.1923 auf den Wert von 100 Millionen Mark für 1 Dollar sinken, so daß die Regierung am 24.9.1923 die bedingungslose Preisgabe des Widerstandes beschließt. Kalrath war somit von März 1923 bis Ende September 1923 für ca. 7 Monate : "Hauptbahnhof Calrath".
(Am 15.11.1923 löst die Rentenmark die Reichsmark ab: 1 Rentenmark = 1 Billion Reichsmark; 23.11.1923: Das Kabinett Stresemann wird gestürzt, Zentrumsführer Marx bildet ein neues Kabinett. Nachdem die Reparationsregelung am 30.8.1924 unterzeichnet ist und nachdem Hindenburg für den verst. Reichspräsidenten Ebert am 26.4.1925 sein Amt antritt, räumen erst Franzosen und dann die Belgier in der Zeit vom 14.7.-25.8.1925 das Ruhrgebiet und die Sanktionsstädte.

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